Berlin 2017 – Eine Kulturreise

Berlin 2017 - der Bericht.

«Nach weit verbreiteter Auffassung ist die Currywurst in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg in Berlin entstanden...» Diesem Eintrag auf Wikipedia sollten die Plauschveteranen und Senioren gründlich auf den Zahn fühlen.

Freitagmorgen. So kommt es, dass die 16 Fussballer des SC Berg ihre alljährliche Kulturreise in die deutsche Hauptmetropole exakt am 7. April um 05:58 startet. Auf die problemlose Zugreise nach Zürich-Kloten, folgt ein mit Komplikationen behafteter Check-In. Remo S.'s Koffer, ist zu dick, bei Rönggi G. ist der Metalldetektor kurzzeitig im roten Bereich und als der Berichterstatter Sam M. knapp einer Verhaftung wegen Filmens im Securitybereich entgeht, war klar: Diese Reise wird eine Herausforderung!

Es kommt wie es kommen muss: Martin H.'s Koffer hat keine Lust auf Berlin und geht seinen eigenen Weg. Diese Verzögerung und das daraus resultierende Festsitzen in der Flughafen-Lobby Tegel führt erstmals zu einer gewissen Unmut bei den Teilnehmern. Der Vorschlag die Wartezeit mit einem kühlen Blonden zu überbrücken wird ohne Gegenstimmen gut geheissen.

Unser Oberbefehlshaber und Reiseführer Pedro G. erkennt nach diesen Zwischenfällen instinktiv: Jetzt bin ich gefordert! Ab sofort schleust er die Horde, wie damals Noah sein Volk, zielsicher durch die 3,8 Millionenstadt. Erste Station: A&O Hostels an der Köpenicker Strasse 129.

Da wir unser Ziel nicht aus den Augen velieren wollen, wird es nun an der Zeit sich an ersten kulturellen Eindrücken zu erlaben. Mit leerem Magen geht das aber schlecht - darum kommt der Currywurst-Stand an der Ecke Friedrichstrasse-Zimmerstrasse - besser bekannt als Checkpoint Charlie - einer göttlichen Vorsehung nahe. Schon Freitagnachmittag stehen 2 Dinge fest:

  1. Die Currywurst muss tatsächlich in Berlin erfunden worden sein
  2. Es wird nicht die letzte sein auf dieser Reise

Nachdem wir Harper und Alexej - die beiden letzten vergessenen Grenzwachsoldaten - am Checkpoint gegrüsst und die eindrückliche Symbolik dieses Ortes in seiner ganzen Wucht wahrgenommen haben, gehen unsere Fragen zum kalten Krieg nicht ganz emotionslos an uns vorbei. Es wird Zeit für einen Kaffee. Im Einstein werden wir fündig.

Das Freitags-Wetter ist kalt und diesig, weshalb wir den doppelstöckigen Sightsseing Bus in Anspruch nehmen. Nicht alle Teilnehmer sind begeistert von dieser Art des Transportes und entscheiden sich umgehend für eine fahrende Siesta. Vor allem Roman H. verpasst dabei so einiges: Alexanderplatz, Siegessäule, KaDeWe, Rotes Rathaus, Hauptbahnhof und der Bunker. Am Brandenburger Tor nimmt die Fahrt ein abruptes Ende. Der Flüssigkeitshaushalt hängt im Argen und hinter dem grossen Tor sind massig Lokale auszuspähen - also nichts wie raus! Im Hotel Adlon Kempinski konsumiert die Truppe ihren 5-Sterne-Apéro zwischen Marmorsäulen und Elefantenbrunnen.

Abendessen? Geheimtipp: Clärchens Ballhaus. Auf dem Weg dorthin: Zwischenstopp in Murphys Irish Pub und 1.Hilfe für in Fahrradkette eingewickelten Damen-Schal. Chris M. behauptet sich als echter Gentleman und überblickt die Situation in Windeseile. Mit seinem bayrischen Charme ist die junge Frau schnell beruhigt und der Schal befreit. Einziger Wermutstropfen: Unser Reiseführer Pedro G. verletzt sich während der Hilfsaktion so unglücklich an der rechten Hand, dass er notfallmässig mit einem Pflaster verarztet werden muss.
Das Abendessen ist ein kulinarischer Erfolg - an der Dancenight im Clärchens wird Vanco L. zum Discoking des Abends erkoren und Jürg M. kommentiert jeden Track mit Titel, Interpret und dem exakten BPM - hat der Mann ein Metronom verschluckt?. Leider wird Pedro G. noch ein weiteres Mal verletzt - die Umstände bleiben jedoch unklar. Gerüchten zur Folge ist von einer Bisswunde in der Nähe der Halsschlagader die Rede. Weitere Fragen dazu bitte direkt an den Betroffenen oder an das Haupkommissariat Berlin Pankow. Weitere Ausführungen zur Freitagnacht können vom Berichterstatter nicht mehr rekonstruiert werden.

Kurze Nachtruhe.

Samstagmorgen. Die Reisenden stolpern allmählich in den Frühstücksraum. Eine Frage kristallisiert sich schnell als Hauptthema heraus: Wo zum Henker sind unsere 4 Senioren? Seit der Landung am Flughafen sind Andi M., Craig C., Raphael C. und Frank H. wie vom Erdboden verschluckt und werden zur Fahndung ausgeschrieben.

Die Verbleibenden lassen sich aber nicht von Ihrem Kulturdrang abhalten und brechen bereits um 10:00 zu einer neuen Runde auf. Über den Hauptbahnhof mit Gruppenfoto-Termin und italienischem Vorspeiseplättchen gelangen wir zur Mauergedenkstätte. Die Szenerie an diesem Ort lässt niemanden kalt. Ein langes Stück der ehemaligen Berliner Mauer, Foto-Dokumentationen und Berichte von Betroffenen stimmen nachdenklich und traurig. Hat die Menschheit etwas gelernt? Macht es Sinn Menschen ein- oder auszusperren? Würde ich auch ausbrechen, oder eher verharren? Fragen, die wir trotz viel Spass, alle mit nach Hause nehmen.

Nach der «East Side Gallery», einer weiteren Currywurst und einem Besuch im Pirates landen wir in der «Bunnys Bar» aufem «Kudamm». Bunnys sind zwar keine anwesend, dafür wird gleich nebenan der deutsche Filmpreis verliehen. Die Türsteher verkennen jedoch unsere schauspielerischen Fähigkeiten, weshalb wir gleich ins Steak-House «Maredo» dislozieren. Rekordverdächtig und unbedingt erwähnenswert: das Tomahawk Steak. Chris M. und Rönggi G. erklären sich freiwillig bereit das über 1kg schwere Teil zu verzehren. Der Williams danach wird mit dem fadenscheinigen Vorwand eines Kollegen-Geburtstag von Rönggi G. buchstäblich erschlichen. Wobei! - unser verletzter Reiseführer feiert tatsächlich seinen Jahrestag. Weitere Runden garantiert!

Wieder auf der Strasse zurück queren wir die Stadt in Richtung Schönauer Allee. Der darauf folgende Fussmarsch führt uns an Lokalen mit Porno-Karoke (!?) und Drag-Queens vorbei - wo sind wir gelandet? Nach weiteren 500m Gehen sind einige Teilnehmer der Dehydration nahe. Glücklicherweise ist das «frannz» die Erlösung dieses kollateralen Schmerzes. Rock-Karaoke, 2 Tanzflächen und eine lange Bar mit Bierzapfen zaubert den Überlebenden ein breites Grinsen ins Gesicht! Im Gegensatz zu Alf O. der nach einer knappen Stunde Biergarten-Meditation das Weite sucht, trumpft sein kleiner Bruder Urs O. bis 06:00 morgens an besagter Bar. Zudem werden gemäss Zeugenberichten in der selben Nacht die vermissten Senioren in der Hotel-Lobby gesichtet. Weshalb sie zu morgendlicher Stunde Diskussionen mit dem Sicherheitspersonal des Hotels führen, kann bis dato nicht ermittelt werden. Roland H. bezeugt: Ich hab nichts getan!

Kurze Nachtruhe

Sonntagmorgen. Der letzte Tag steht ganz im Zeichen

  1. der Currywurst
  2. des Fussballmatch Hertha BSC vs. FC Augsburg

Nach Tagen des Nebels zeigt sich das Wetter am Sonntag von seiner besten Seite. Via Kulturcafe beim Schloss Charlotttenburg gelangen wir mit der U2 vorbei an Haltestellen mit den eingängigen Namen «Jugfernheide», «Splitternackt» und «Onkel Tom’s Hütte» nach «Ruhleben». Beinahe gleichzeitig erstrahlen unsere Gesichter als das Olympia-Stadion in Sichtweite rückt. Auch unsere 4 verlorenen Söhne stossen zum Stosstrupp hinzu und die gemeinsame Vesper mit Curry-, Brat- und Krakauerwurst (was denn sonst?) wird zum rundum zufriendenen Anlass. Der darauffolgende Fussballmatch glänze weniger mit fussballerischem Können, denn mit einem Hertha-Fanclub, der mit seinen überaus kreativen Schlachtrufen eine unvergessliche Atmosphäre herbeizaubert. Ein Lob den Hertha-Fans für die absolut friedliche Stimmung! Dem Spielverlauf und den Erwartungen entsprechend, gönnt der BSC den Augsburgern keine Punkte und verweist die Süddeutschen noch weiter an den unteren Tabellenrand. So steht es schlussendlich 2:0 was auch dem ungefähren Prokopfkonsum an Berliner Kindl während der 90 min entspricht.

Der Sonntagabend ist definitiv eingetroffen und die Rückreise geprägt von einer letzten Currywurst, auffälligem Gähnen und einer übermotivierten Flugbegleiterin. Die Beschleunigung der A320 drückt uns erbarmungslos in unsere Sitze und unser übermässiger Wurstkonsum verzögert das Abheben des Airbus um mindestens 50m. Berlin - du hast uns ein paar Supertage beschert und wenn wir nicht so müde wären, hätten wir noch gemeinsam das Lied von Hildegard Knef zum Besten gegeben:

Das ist Berlin, Berlin, die ewig junge Stadt.
Das ist Berlin, die Stadt, die meine Liebe hat!

Ein riesengrosses Dankeschön an den Initiator Roman Nunz H. und Rönggi G. für die Reiseorganisation. Pedro G. wünschen wir beste Genesung, sowie allen anderen Reiseteilnehmern.

Aus dem SCB-Büro für Sonderaufgaben - Berlin 9.4.2017

Der Berichterstatter Sam M.

 

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